Er sei in Sentimentalitäten verstrickt, könnte man zunächst denken, aber es handelt sich um tiefes Mitgefühl kombiniert mit Ironie - um Melancholie der musikalischsten Art.
Man könnte denken, es handelte sich um amouröse Anekdoten, doch handelt es sich auch um Schmerz und Peinlichkeiten, die einem jeden Auf-Erden-Wandler unterläuft, die ihn aber von der tödlichen
Falle der Perfektion und sterilen Aufgeräumtheit befreit. Er ist ein freier Schicksalsergebener, der unbedarft und offenherzig spielerisch in sein Verhängnis taumelt, aber nie vollständig sein
Vertrauen an eine ihm doch gleichmütig bergende Welt verliert. Eine ungerührt umhüllende Natur scheint vom Ansturm der Gefühle einer galanten, etwas naiven Reisegesellschaft geformt - und wölbt
sich, Licht und Schatten spendend, über ein aus der Zeit gefallenes Geschehen.
Es sind Narren und Komödianten, die in ihrer Lächerlichkeit nie den Glauben an ihre Gottgewolltheit verlieren, auch wenn sie von außen betrachtet (und in dieser komfortablen Situation sind wir
als die sie Betrachtenden) in einem vollkommen ungerührten Kosmos agieren.
Das unterstützt die Aus-der Zeit-Gefallenheit, die dem auf einem höheren Ross befindlichen Betrachter einen Momente festhaltenden, eternellen Spiegel vorhält –der aber an die Hinfälligkeit, die
Zerbrechlichkeit unserer eigenen Existenz erinnert. Dadurch entsteht eine Nähe und menschliche Wärme, die uns mit den Protagonisten in den Bildern verbindet, die aber auch die Ungereimtheiten,
sagen wir den glänzenden Schmutz unseres Daseins, offenbaren. Gleichermaßen der Geruch des Todes und des Lebens scheint uns zu umwehen.
Das hätte einen tragischen, mit posaunenchorhafter Lautstärke hereinbrechenden Akkord in der Musik Watteaus zur Folge haben können – aber wir vernehmen nach wie vor nur den leichten virtuosen
Streicherklang einer Sarabande und nicht den düsteren Reigen eines Totentanzes. Eine Feier des Lebens angesichts des Todes in einer von Melancholie „verunreinigten“, nie glatten, dadurch
gesteigerten Schönheit.
Der Schlaf der Vernunft gebiert hier noch keine Ungeheuer: sie ist in einem Traum befangen – einem Sommernachtstraum, einer Komödie, die ihre Derbheit hinter Satin versteckt.
Es sind Bilder, die selbst zu träumen scheinen. Der Traum versetzt jede alltägliche Problemstellung, jede real genährte Situationsbehandlung des ständig reflektierenden Gehirns in eine Atmosphäre
des Rätselhaften. Farben des Geheimnisses übermalen jede Banalität zu einem Bühnenbild des Extraordinären, zur komprimierten Stimmung eines epischen Gedichts, zur zauberischen Steigerung der
Realität.
© Harald Kille, 2019
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